HAYDN DIE JAHRESZEITEN
Der Frühling
1. Einleitung und Rezitativ
Die Einleitung stellt den Übergang
vom Winter zum Frühling dar
Simon:
Seht, wie der strenge Winter flieht!
Zum fernen Pole zieht er hin.
Ihm folgt auf seinen Ruf der wilden Stürme
brausend Heer mit gräßlichem Geheul.
Lukas:
Seht, wie vom schroffen Fels der
Schnee in trüben Strömen sich
ergießt!
Hanne:
Seht, wie vom Süden her,
Durch laue Winde sanft gelockt,
der Frühlingsbote streicht!
2. Chor des Landvolks
Komm, holder Lenz!
Des Himmels Gabe, komm! Aus
ihrem Todesschlaf erwecke die Natur.
Mädchen und Weiber:
Er nahet sich, der holde Lenz, schon
fühlen wir den
linden Hauch, bald lebet alles wieder auf.
Männer:
Frohlocket ja nicht allzufrüh,
oft schleicht, in Nebel eingehüllt
der Winter wohl zurück, und streut
auf Blüt und Keim sein starres Gift.
Alle:
Komm, holder Lenz!
Des Himmels Gabe, komm!
Auf unsre Fluren senke dich! O komm,
holder Lenz, und weile länger
nicht! O komm, komm, komm
3. Rezitativ
Simon:
Vom Widder strahlet jetzt die helle
Sonn auf uns herab. Nun weichen
Frost und Dampf, und schweben laue
Dünst umher; der Erde Busen
ist gelöst, erheitert ist die Luft.
4. Arie
Simon:
Schon eilet froh der Akkermann
zur Arbeit auf das Feld;
In langen Furchen schreitet er
dem Pfluge flötend nach.
In abgemessnem Gange dann
wirft er den Samen aus,
den birgt der Akker treu und reift
ihn bald zur goldnen Frucht.
5. Rezitativ
Lukas:
Der Landmann hat sein Werk
vollbracht und weder Müh noch Fleiß
gespart. Den Lohn erwartet er
aus Händen der Natur, und fleht
darum den Himmel an.
Terzett und Chor
6. Bittgesang
Lukas:
Sei uns gnädig, milder Himmel!
öffne dich und träufe Segen
über unser Land herab!
Chor:
Sei uns gnädig, milder Himmel!
öffne dich und träufe Segen
über unser Land herab!
Lukas:
Laß deinen Tau die Erde wässern!
Simon:
Laß Regenguß die Furchen tränken!
Hanne:
Laß deine Lüfte wehen sanft!
Laß deine Sonne scheinen hell!
Lukas, Simon, Hanne:
Uns sprießet überfluß alsdann
und deine Güte Dank und Ruhm.
Chor (Wiederholung)
7. Rezitativ
Hanne:
Erhört ist unser Flehn,
der laue West erwärmt und füllt
die Luft mit feuchten Dünsten an.
Sie häufen sich; nun fallen sie,
und gießen in der Erde Schoß
den Schmuck und Reichtum der
Natur.
8. Freudenlied
(mit abwechselndem Chor der
Jugend)
Hanne:
O wie lieblich ist der Anblick der
Gefilde jetzt!
Kommt, ihr Mädchen, laßt uns wallen
auf der bunten Flur!
Lukas:
O wie lieblich ist der Anblick der
Gefilde jetzt!
Kommt, ihr Burschen, laßt uns wallen
zu dem grünen Hain !
Hanne:
Seht die Lilie, seht die Rose, seht die
Blumen all!
Lukas:
Seht die Auen, seht die Wiesen, seht
die Felder all!
Mädchen und Burschen (wiederholung)
Hanne:
Seht die Erde, seht die Wasser, seht
die helle Luft!
Lukas:
Alles lebet, alles schwebet, alles
reget sich.
Hanne:
Seht die Lämmer, wie sie springen!
Lukas:
Seht die Fische,
welch Gewimmel!
Hanne:
Seht die Bienen, wie sie schwärmen!
Lukas:
Seht die Vögel, welch Geflatter!
Chor:
Alles lebet, alle schwebet,
alles reget sich.
Mädchen:
Welche Freude, welche Wonne
schwellet unser Herz!
Burschen und Mädchen:
Süße Triebe, sanfte Reize
heben unsre Brust.
Simon:
Was ihr fühlet, was euch reizet
ist des Schöpfers Hauch.
Mädchen und Burschen:
laßt uns ehren, laßt uns loben,
laßt uns preisen ihn!
Männer:
Laßt erschallen, ihm zu danken,
eure Stimmen hoch!
Ganze Chor:
Es erschallen, ihm zu danken, unsre
Stimmen hoch! - Ewiger, mächiger,
gütiger Gott!
Hanne, Lukas, Simon:
Von deinem Segensmahle hast du
gelabet uns.
Männer:
Mächtiger Gott!
Hanne, Lukas, Simon:
Von Strome deiner Freude du
getränket uns. Gütiger Gott!
Chor:
Ewiger, mächtiger, gütiger Gott!
Hanne, Lukas, Simon:
Ewiger! Mächtiger! Gütiger Gott!
Chor (Allegro):
Ehre, Lob und Preis sei dir,
ewiger, gütiger Gott!
Der Sommer
9. Eileitung und Rezitativ
Die Einleitung stellt die
Morgendämmerung dar
Lukas:
In grauem Schleier rückt heran
das sanfte Morgenlicht,
mit lahmen Schritten weicht vor ihm
die träge Nacht zurück. Zu düstern
Höhlen flieht der Leichenvögel blinde
Schar; Ihr dumpfer Klageton
beklemmt das bange Herz nicht mehr.
Simon:
Des Tages Herold meldet sich;
mit scharfen Laute rufet er
zu neuer Tätigkeit
den ausgeruhten Landmann auf.
10. Arie
Simon:
Der muntre Hirt versammelt nun
die frohen Herden um sich her;
zur fetten Weid auf grünen Höhn
treibet er sie langsam fort.
Nach Osten blickend steht er dann
auf seinem Stabe hingelehnt,
zu sehn den ersten Morgenstrahl,
welchem er entgegen harrt.
Hanne:
Die Morgenröte bricht hervor, wie
Rauch verflieget das leichte Gewölk,
der Himmel pranget im hellen Azur,
die Berge Gipfel im feurigen Gold!
11.Terzett und Chor
Sie steigt herauf, die Sonne, sie naht,
sie kommt, sie strahlt, sie scheint. - Sie
scheint in herrlichen Pracht, in
flammender Majestät!
Lobgesang (Allegro):
Heil, o Sonne, Heil! Des Lichts und
Lebens Quelle, Heil! O du des
Weltalls Seel und Aug, der Gottheit
schönstes Bild! Dich grüßen dankbar
wir! Wer spricht sie aus die Freuden
alle, die deine Huld in uns erweckt?
Wer zählet sie, die Segen alle, die
deine Mild auf uns ergießt? Die
Freuden, o wer spricht sie aus? Die
Segen, o wer zählet sie? Wer spricht
sie aus? Wer? Wer?
Hanne, Lukas, Simon:
Dir danken wir, was uns ergötzt.
Dem Schöpfer aber danken, wir, was
deane Kraft vermag!
Chor
Heil, o Sonne, Heil! Des Lights und
Lebens Quelle, Heil! Dir jauchzen alle
Stimmen, dir jauchzet die Natur!
12. Rezitativ
Simon:
Nun regt und bewegt sich alles
umher, ein buntes Gewühl bedekket
die Flur. Dem braunen Schnitter
neiget sich der Saaten wallende Flut,
die Sense blitzt, da sinkt das Korn;
doch steht es bald und aufgehäuft in
festen Garben wieder da.
Lukas:
Die Mittagssonne brennet jetzt
in voller Glut und gießt durch
entwölkte Luft Ihr mächtiges Feur in
Strömen hinab.
(Lagretto) Ob den gesengten Flächen
schwebt Im niedern Qualm ein
blendend Meer von Licht und
Widerschein.
13. Cavatine
Lukas:
Dem Druck erlieget die Natur.
welke Blumen, dürre Wiesen,
trockne Quellen, alles zeigt der Hitze
Wut, und kraftlos schmachten
Mensch und Tier, am Boden
hingestreckt.
14. Rezitativ
Hanne:
Willkommen jetzt, o dunkler Hain,
wo der bejahrten Eiche Dach
den kühlen den Schirm gewährt,
und wo der schlanken Espe Laub
mit leisem Gelispel rauscht.
Am weichen Moose rieselt da
In heller Flut der Bach, und fröhlich
summend irrt und wirrt die bunte
Sonnenbrut. Der Kräuter reinen
Balsamduft verbreitet Zephirs Hauch,
und aus dem nahen Busche tönt
des jungen Schäfers Rohr.
15.Arie
Hanne:
Welche Labung für die Sinne!
Welch Erholung für das Herz !
Jeden Aderzweig durchströmet,
und in jeder Nerve bebt
erquickendes Gefühl.
Allegro assai:
Die Seele wachet auf
zum reizenden Genuß,
und neue Kraft erhebt
durch milden Drang die Brust.
16. Rezitativ
Simon:
O seht! Es steiget in der schwülen
Luft, am hohen Saume des Gebirge
von Dampf und Dunst ein fahler
Nebel auf.
Empor gedrängt dehnt er sich aus
und hüllet bald den Himmelsraum
In schwarzes Dunkel ein.
Lukas:
Hört, wie vom Tal ein dumpf Gebrüll
den wilden Sturm verkündt!
Seht, wie von Unheil schwer
die finstre Wolke langsam zieht
und drohend auf die Ebne sinkt.
Hanne:
In banger Ahnung stockt
das Leben der Natur:
kein Tier, kein Blatt beweget sich,
und Todesstille herrscht umher.
17. Chor:
Ach! Das Ungewitter naht! Hilf uns,
Himmel! O wie der Donner rollt!
O wie die Winde toben! Wo fliehn wir
hin! Flammende Blitze durchwühlen
die Luft, den zakkigen Keilen berstet
die Wolke, und Güsse stürzen herab.
- Wohin? Wo fliehn wir hin! - Wo ist
Rettung? - Wütend rast der
Sturm, der weite Himmel entbrennt.
- Weh uns Armen! Schmetternd
krachen Schlag auf Schlag, die
schweren Donner fürchterlich. -
Erschüttert wankt die
Erde bis in des Meeres Grund. -
Weh uns! Hilf uns Himmel!
18. Terzett mit Chor
Lukas:
Die düstern Wolken trennen sich,
gestillet ist der Stürme Wut.
Hanne:
Vor ihrem Untergange blickt noch die
Sonn empor, und von dem letzten
Strahle glänzt mit Perlenschmuck
geziert die Flur.
Simon:
Zum lang gewohnten Stalle kehrt
gesättigt und erfrischt
das fette Rind zurück.
Lukas:
Dem Gatten ruft die Wachtel schon.
Hanne:
Im Grase zirpt die Grille froh,
Simon:
Und aus dem Sumpfe quakt der Frosch.
Lukas, Hanne, Simon:
Die Abendglocke tönt! - Von oben
winkt der helle Stern, und ladet uns
zur sanften Ruh.
Männerchor:
Mädchen, Bursche, Weiber, kommt!
Unser wartet süßer Schlaf,
wie reines Herz, gesunder Leib
und Tagesarbeit ihn gewährt.
Frauenchor: wir gehn, wir folgen
euch.
Alle:
Die Abendglocke hat
getönt von oben blinkt der helle Stern
und ladet uns zur sanften Ruh.
Der Herbst
19. Einleitung and Rezitativ
Der Einleitung Gegenstand ist des
Landmanns freudiges Gefühl über die
reiche Ernte
Hanne:
Was durch seine Blüte ber Lenz
zuerst versprach was durch seine
Wärme der Sommer reifen hieß,
zeigt der Herbst in Fülle dem frohen
Landmann jetzt.
Lukas:
Den reichen Vorrat führt er nun auf
hochbeladnen Wagen ein. Kaum faßt
der weiten Scheune Raum,
was ihm sein Feld hervorgebracht.
Simon:
Sein heitres Auge blickt umher,
es mißt den aufgetürmten Segen ab,
und Freude strömt in seine Brust.
20. Terzett und Chor
Simon:
So lohnet die Natur den Fleiß, ihn ruft,
ihn lacht sie an; ihn muntert sie durch
Hoffnung auf, ihm steht sie willig bei;
ihm wirket sie mit voller Kraft.
Hanne, Lukas:
Von dir, o Fleiß, kommt alles Heil.
Die Hütte, die uns schirmt, die Wolle,
die uns deckt, die Speise, die uns
nährt ist deine Gab, ist dein
Geschenk. O Fleiß, o edler Fleiß, von
dir kommt alles Heil.
Hanne:
Du flößest Tugend ein,
und rohe Sitten milderst du.
Lukas:
Du wehrest Laster ab
und reinigest der Menschen Herz.
Simon:
Du stärkest Mut und Sinn
zum Guten und zu jeder Pflicht
Hanne, Lukas, Simon:
O Fleiß, von dir kommt alles Heil.
Chor:
O Fleiß, von dir kommt alles Heil.
21. Rezitativ
Hanne:
Seht, wie zum Haselbusche dort die
rasche Jugend eilt! An jedem Aste
schwinget sich der Kleinen lose
Schar, und der bewegten Staud
entstürzt gleich Hagelschaur die
lockre Frucht.
Simon:
Hier klimmt der junge Baur den
hohen Stamm entlang die Leiter flink
hinauf. Vom Wipfel, der ihn deckt,
sieht er sein Liebchen nahn, und
ihrem Tritt entgegen fliegt dann im
trauten Scherze die runde Nuß
herab.
Lukas:
Im Garten stehn um jeden Baum
die Mädchen groß und klein, dem
Obste, das sie klauben, an frischer
Farbe gleich.
22. Duett
Lukas:
Ihr Schönen aus der Stadt, kommt
her! Blickt an die Töchter der Natur,
die weder Putz noch Schminke ziert.
Da seht mein Hannchen, seht! Ihr
blüht Gesundheit auf den Wangen;
im Auge lacht Zufriedenheit, und aus
dem Munde spricht das Herz,
wenn sie mir Liebe schwört.
Hanne:
Ihr Herrchen, süß und fein, bleibt
weg! Hier schwinden eure Künste
ganz, und glatte Worte wirken nicht
man gibt euch kein Gehör. Nicht Gold,
nicht Pracht kann uns verblenden,
ein redlich Herz ist, was uns rührt
und meine Wünsche sind erfüllt,
wenn treu mir Lukas ist.
Lukas:
Blätter fallen ab, Früchte welken hin,
Tag und Jahr vergehn, nur meine
Liebe nicht.
Hanne:
Schöner grünt das Blatt, süßer
schmeckt die Frucht, heller glänzt der
Tag, wenn deine Liebe spricht.
Hanne, Lukas:
Welch ein Glück ist treue Liebe!
Unsre Herzen sind vereinet,
trennen kann sie Tod allein.
Liebstes Hannchen! - Bester Lukas!
Lieben und geliebet werden
ist der Freuden höchster Gipfel,
ist des Lebens Wonn und Glück.
23. Rezitativ
Simon:
Nun zeiget das entblößte Feld
der ungebetnen Gäste Zahl, die an
den Halmen Nahrung fand und irrend
jetzt sie weiter sucht. Des kleinen
Raubes klaget nicht der Landmann,
der ihm kaum bemerkt; dem
übermaße wünscht er doch nicht
ausgestellt zu sein. Was ihn dagegen
sichern mag, sieht er als Wohltat an,
und willig fröhnt er dann zur Jagd,
die seinen guten Herrn ergötzt.
24. Arie
Simon:
Seht auf die breiten Wiesen hin!
Seht, wie der Hund im Grase streift!
Am Boden suchet er die Spur und
geht ihr unablässig nach. Jetzt aber
reißt Begierd ihn fort, er horcht auf
Ruf und Stimme nicht mehr. Er eilet
zu haschen... da stockt sein Lauf,
und steht er unbewegt wie Stein.
Dem nahen Feinde zu entgehn,
erhebt der scheue Vogel sich,
doch rettet ihn nicht schneller Flug.
Es blitzt, es knallt, ihn erreichet das
Blei, und wirft ihn tot aus der Luft
herab.
25. Rezitativ
Lukas:
Hier treibt ein dichter Kreis die Hasen
aus dem Lager auf. Von allen Seiten
hergedrängt, hilft ihnen keine Flucht.
Schon fallen sie und liegen bald
in Reihen freudig hingezählt.
26. Chor
Hört! das laute Getön, das dort im
Walde klinget! Welch ein lautes Getön
durchklingt den ganzen Wald! Es ist
der gellenden Hörner Schall, der
gierigen Hunde Gebelle. Schon flieht
der aufgesprengte Hirsch ihm
rennen die Doggen und Reiter nach.
Er flieht! O wie er sich streckt! O wie
er springt!
Da bricht er aus den Gesträuchen
hervor und läuft über Feld in das Dikkicht
hinein.
Jetzt hat er die Hunde getäuscht
zerstreuet schwärmen sie umher. Tajo,
tajo, tajo! Der Jäger Ruf, der Hörner
Klang versammelt aufs neue sie. Ho, ho,
ho! Tajo! Tajo! Ho, ho!
Mit doppeltem Eifer stürzet nun
der Haufe vereint auf die Fährte los.
Von seinen Feinden eingeholt,
an Mut und Kräften ganz erschöpft,
erlieget nun das schnelle Tier.
Sein nahes Ende kündigt an des
tönenden Erzes Jubellied der freudigen
Jäger Siegeslaut: Halali, halali, halali!
Den Tod des Hirsches kündigt an des
tönenden Erzes Jubellied. Halali!
Halali!
27. Rezitativ
Hanne:
Am Rebenstocke blinket jetzt
die helle Traub in vollem Safte,
und ruft dem Winzer freundlich zu,
daß er, zu lesen sie nicht weile.
Simon:
Schon werden Kuf und Faß zum
Hügel hingebracht, und aus den
Hütten strömet zum frohen
Tagewerke das muntre Volk herbei.
Hanne:
Seht, wie den Berg hinan
von Menschen alles wimmelt!
Hört, wie der Freudenton
von jeder Seit erschallet!
Lukas:
Die Arbeit fördert lachener Scherz
vom Morgen bis zum Abend hin,
und dann erhebt der brausende Most
die Fröhlichkeit zum Lustgeschrei.
28. Chor
Juhhe! Juhhe! Der Wein ist da, die
Tonnen sind gefüllt, nun laßt uns
fröhlich sein,und juhhe, juhhe, juch!
Aus vollem Halse schrein! Laßt uns
trinken! Trinket, Brüder! Laßt uns
fröhlich sein! Laßt uns singen!
Singet alle! Laßt uns fröhlich sein!
Juhhe, juhhe, juh! Es lebe der Wein !
Es lebe das Land, wo er uns reift!
Es lebe das Faß, das ihn verwahrt!
Es lebe der Krug, woraus er fließt!
Kommt, ihr Brüder! Füllt die Kannen !
Leert die Becher! Laßt uns fröhlich
sein! Heida! Laßt uns fröhlich sein
Und juhhe, juhhe, juh! Aus vollem
Halse schrein! Juhhe, juh! Es lebe
der Wein! Nun tönen die Pfeifen
Und wirbelt die Trommel. Hier
kreischet die Fiedel, da schnarret die
Leier und dudelt der Bock. Schon
hüpfen die Kleinen und springen die
Knaben; Dort fliegen die Mädchen
im Arme der Bursche den ländlichen
Reihn. Heisa, hopsa! Laßt uns
hüpfen! Ihr Brüder, kommt! Heisa,
hopsa! Laßt uns springen! Die
Kannen füllt! Heisa, hopsa! Laßt uns
tanzen! Die Becher leert! Heida, laßt
uns fröhlich sein! und uhhe,juhhe,juh!
Nun fassen wir den letzten Krug und
singen dann in vollem Chor dem
freudenreichen Rebensaft! Heisa,
hei, juhhe, juh! Es lebe der Wein, der
edle Wein, der Grillen und Harm
verscheucht! Sein Lob ertöne laut
und hoch In tausendfachem
Jubelschall!
Der Winter
29. Einleitung und Rezitativ
Die Einleitung schildert die dicken
Nebel, womit der Winter anfängt
Simon:
Nun senket sich das blasse Jahr,
und fallen Dünste kalt herab.
Die Berg umhüllt ein drauer Dampf,
der endlich auch die Flächen drückt,
und am Mittage selbst
der Sonne matten Strahl verschlingt.
Hanne:
Aus Lapplands Höhlen schreitet her
der stürmisch düstre Winter jetzt.
Vor seinem Tritt erstarrt
In banger Stille die Natur.
30. Cavatine
Hanne:
Licht und Leben sind geschwächet,
Wärm und Freude sind verschwunden.
Unmutsvollen Tagen folget schwarzer
Nächte lange Dauer.
31. Rezitativ
Lukas:
Gefesselt steht der breite See,
gehemmt in seinem Laufe der Strom.
Im Sturze vom türmenden Felsen
hängt gestockt und stumm der
Wasserfall. Im dürren Haine tönt kein
Laut. Die Felder deckt, die Täler füllt
ein ungeheure Flockenlast.
Der Erde Bild ist nun ein Grab,
wo Kraft und Reiz erstorben liegt,
wo Leichenfarbe traurig herrscht,
und wo dem Blicke weit umher
nur öde Wüstenei sich zeigt.
32. Arie
Lukas:
Hier steht der Wandrer nun,
verwirrt und zweifelhaft,
wohin den Schritt er lenken soll.
Vergebens suchet er den Weg,
ihn leitet weder Pfad noch Spur.
Vergebens strenget er sich an
und watet durch den tiefen Schnee;
er findt sich immer mehr verirrt.
Jetzt sinket ihm der Mut,
und Angst beklemmt sein Herz,
da er den Tag sich neigen sieht,
und Müdigkeit und Frost
ihm alle Glieder lähmt.
Doch plötzlich trifft sein spähend Aug
der Schimmer eines nahen Lichts.
Da lebt er wieder auf,
vor Freuden pocht sein Herz.
Er geht, er eilt der Hütte zu,
wo starr und matt er Labung hofft.
33. Rezitativ
Lukas:
Sowie er naht, schallt in sein Ohr,
durch heulende Winde nur erst
geschreckt,
heller Stimmen lauter Klang.
Hanne:
Die warme Stube zeigt ihm dann
des Dörfchens Nachbarschaft,
vereint in trautem Kreise,
den Abend zu verkürzen
mit leichter Arbeit und Gespräch.
Simon:
Am Ofen schwatzen hier
von ihrer Jugendzeit die Väter.
zu Körb und Reusen flicht die
Weidengert und Netze strickt der
Söhne muntrer Haufe dort. Am
Rocken spinnen die Mütter, am
laufenden Rade die Töchter, und
ihren Fleiß belebt ein ungekünstelt
frohes Lied.
34. Spinnerlied
Knurre, schnurre, Rädchen, schnurre!
Drille, Rädchen, lang und fein, drille
fein ein Fädelein, mir zum
Busenschleier.- Weber, webe zart und
fein, Webe fein das Schleierlein
mir zur Kirmesfeier.- Außen blank und
innen rein, muß des Mädchens
Busen sein, wohl deckt ihn der
Schleier. - Außen blank und innen rein,
fleißig, fromm und sittsam sein,
locket wackre Freier.
35. Rezitativ
Lukas:
Abgesponnen ist der Flachs,
nun stehn die Räderstil. Da wird der
Kreis verengt, und von dem
Männervolk umringt, zu horchen auf
die neue Mär, die Hanne jetzt
erzählen wird.
36. Lied mit Chor
Ein Mädchen, das auf Ehre hielt,
liebt einst ein Edelmann, da er schon
längst nach ihr gezielt, traf er allein
sie an. Er stieg sogleich vom Pferd
und sprach: komm, küsse deinen
Herrn! Sie rief vor Angst und
Schrecken: Ach! ach ja, von Herzen
gern. (Chor) - Ei, ei, warum nicht nein? -
Sei ruhig, sprach er, liebes Kind,
und schenke mir dein Herz! Denn
meine Lieb ist treu gesinnt, nicht
Leichtsinn oder Scherz. Dich mach
ich glücklich: nimm dies Geld, den
Ring, die goldne Uhr, und hab ich
sonst, was die gefällt, O sags und
fordre nur! (Chor) - Ei, ei, das klingt
recht fein! - Nein, sagt sie, das wär viel
gewagt, mein Bruder möcht es sehn,
und wenn ers meinem Vater sagt,
wie wird mirs dann ergehn! Er
akkert uns hier allzunah, sonst könnt
es wohl geschehn. Schaut nur, von
jenem Hügel da, könnt Ihr ihn ackern
sehn. (Chor) -Ho,ho, was soll das
sein? - In dem der Junker geht und
sieht, schwingt sich das lose Kind
auf seinen Rappen und entflieht
geschwinder als der Wind. Lebt
wohl, rief sie, mein gnädger Herr!
So räch ich meine Schmach. Ganz
eingewurzelt stehet er und gafft ihr
staunend nach. (Chor) - Ha, ha, das
war recht fein!
37. Rezitativ
Simon:
Von dürrem Oste dringt ein scharfer
Eishauch jetzt hervor. Schneidend
fährt er durch die Luft, verzehret
jeden Dunst und hascht des Tieres
Odem selbst. Des grimmigen
Tyranns, des Winters Sieg ist nun
vollbracht, und stummer Schrecken
drückt den ganzen Umfang der Natur.
38. Arie
Simon:
Erblicke hier, betörter Mensch,
erblicke deines Lebens Bild!
Verblühet ist dein kurzer Lenz,
erschöpfet deines Sommers Kraft.
Schon welkt dein Herbst dem Alter
zu, schon naht der bleiche Winter
sich und zeiget dir das offne Grab. -
Wo sind sie nun, die hohn Entwürfe,
die Hoffnungen von Glück, die Sucht
nach eitlem Ruhme, der Sorgen
schwere Last? Wo sind sie nun, die
Wonnetage, verschwelgt in
üppigkeit? Und wo die frohen
Nächte, Im Taumel durchgewacht!? Wo?
Verschwunden sind sie wie ein
Traum. Nur Tugend bleibt. - Sie bleibt
allein und leitet uns unwandelbar
durch Zeit und Jahreswechsel,
durch Jammer oder Freude
bis zu dem höchstem Ziele hin.
39. Terzett und Doppelchor
Dann bricht der große Morgen an,
der Allmacht zweites Wort erweckt
zu neuem Dasein uns,
von Pein und Tod auf immer frei.
Die Himmelspforten öffnen sich,
der heilge Berg erscheint.
Ihn krönt des Herren Zelt,
wo Ruh und Friede thront.
Wer darf durch diese Pforten gehn?
- Der Arges mied und Gutes tat. -
Wer darf besteigen diesen Berg?
Von dessen Lippen Wahrheit floß. -
Wer darf in diesem Zelte wohnen? -
Der Armen und Bedrängten half. -
Wer wird den Frieden dort genießen?
Der Schutz und Recht der Unschuld
gab. - O seht, der große Morgen naht.
O seht, er leuchtet schon!
Die Himmelspforten öffnen sich,
der heilge Berg erscheint!
Vorüber sind, verbrauset sind
die leidenvollen Tage, des Lebens
Winterstürme. - Ein ewger Frühling
herrscht, und grenzenlose Seligkeit
wird der Gerechten Lohn. - Auch uns
werd einst ein solcher Lohn!
Laßt uns wirken, laßt uns streben! -
Laßt uns kämpfen, laßt uns harren,
zu erringen diesen Preis! -
Uns leite deine Hand, o Gott!
Verleih uns Stärk und Mut! -
Dann singen wir, dann gehn wir ein
in deines Reiches Herrlichkeit.
Amen.